Zweite Menschenkette in Sillenbuch
„Warum darf ich nicht wählen?“ steht auf einem Schild bei der zweiten Menschenkette in Sillenbuch, zu der die Initiative „Sillenbuch Hand in Hand“ für den 18. Mai 2024 aufgerufen hatte. Über hundert Bewohner des Stadtbezirks kamen, Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, Menschen mit und ohne Wahlrecht.
Besonders empört sind die Demonstranten über die Forderungen nach „Remigration“, wie sie jetzt auch in Stuttgart auf Wahlplakaten eines AfD-Kandidaten zu sehen sind. Etliche Schilder nehmen Bezug darauf. Zum Beispiel mit dem Spruch: „Remigration: Nicht mit uns!“ Oder: „Keine Deportation: Mein Nachbar bleibt hier!“ Und ein Mädchen hat auf ihren Karton geschrieben: „Auch ich bin Sillenbucherin“.
Shivan Khorto, der 2015 aus dem Nordirak geflohen ist und heute als Erzieher in einer Grundschule arbeitet, sagte, überall werde man aufgerufen wählen zu gehen, doch er als Bürger ohne EU-Pass dürfe sich nicht an den Wahlen im Juli beteiligen.
Hintergrund: In Stuttgart dürfen 16 Prozent der der über 16-jährigen Einwohner nicht wählen, da sie keinen EU-Pass haben. Jeder sechste. Das sind 82.349 Menschen.
Darunter auch der Sillenbucher Farhad Alsilo, der deshalb ein „Wahlrecht für alle“ fordert. Der heutige Maschinenbau-Student kam ebenfalls aus dem Irak. Wie Khorto ist er Jeside und vor dem Terror des „Islamischen Staates“ geflohen. Bundesweit bekannt geworden ist Alsilo über sein Buch „Der Tag, an dem meine Kindheit endete“, das bereits in der zweiten Auflage erschienen ist.